Sonntag, 9. November 2008

Licht und Schatten Teil 2: Schatten

Anderthalb Stunden später. Der Hauch des Verbotenen, der Hauch des Geheimen. Wir stellen uns an und schweigen, es ist verdächtig leise, nur selten wird gelacht und dann schnell wieder in halbes Geflüster zurückgewichen. Acht Euro. Wir sind angefixt, wir müssen rein. Auch wenn wir kaum Musik von drinnen hören, keinen Plan haben, was hier so geboten wird. Wir zahlen, wir spüren Teil von etwas besonderen zu sein – und werden nach Strich und Faden verarscht. Man hat das Watergate samt Schlange und horrender Preise ins das Ballhaus Ost transferiert, das ist die einzige Erklärung. Eine schlechte Kopie des Watergate. Die Musik ist schlechter, ja, die Musik ist furchtbar schlecht. Verhouster Lächle-Blöd-Elektro, strukturarm, frequenzarm, absolut leer. Musik zum Rumwippen für Designervolk, Musik für die verkokste Kinder-reicher-Eltern-Schickeria. Musik für sogenannte schöne Leute, und ja: genau diese Leute sind da. Sie nuckeln an den Strohhalmen ihrer Getränke, ich tue es ihnen nach, vielleicht hilft es, vielleicht bringt es ja auch hier was, wenn ich mein Gehirnvolumen auf das dreifache vergrößere. Es hilft kaum. Doch wir haben bezahlt, wir bleiben hier. Wir studieren das Sozialverhalten der Masse. Entsetzt und fasziniert. Jeder Versuch, uns anzunähern, scheitert an unserem eigenen Ekel. Nein, wir können hier nicht tanzen. Nein, wir können hier nicht länger bleiben, es saugt unsere Lebensenergie ab. Wir fliehen bar jeglicher Erkenntnis, aber zumindest mit der Einsicht, dass wir hier nicht hingehören und uns wohl hätten niemals dorthin locken lassen sollen. Ach wenn doch Wölfi nur Europakanzler wäre...

2 Kommentare:

Henning Pfeifer hat gesagt…

Scheiß Ausgehzwang am Wochenende...

Kottan hat gesagt…

Beim Disco Bloodbath war auch ne Menge posher Dalstoner am Start. Aber zum Glück war der Laden so dunkel und die Musik so gut, dass Schön und Wüst gleichberechtigt auf der Tanzfläche wippten. Keine Ahnung, ob das die Londoner Art-Schickeria war, die da um mich rumgetanzt hat oder nicht. Gekokst haben sie allemal. Strohhalme gab's zum Glück keine und der Laden war so professionell amateurhaft, dass das auch gar gepasst hätte.
Hoch leben die dunklen Tanzflächen dieser Welt!