Donnerstag, 14. Mai 2009

Existenzlyrik 1

Heute

Was machen die ewig Gestrigen morgen?
Sie werden sich erstmal mit Schnaps versorgen.
Den trinken sie dann, vergessen die Sorgen,
Besaufen sich hart, als gäb es kein Morgen.
Was kommt dann danach, ja was liebe Leute?
denn morgen ist bald und gestern war heute,
Gedanken verbrannt, keine geistige Beute,
was bleibt dann als Antwort, was bleibt uns dann letztlich?
Wird nicht immer alles in Ewigkeit gestrig?
Ich denke, verschwende, denn morgen wird heute.

Montag, 11. Mai 2009

Black Metal

„...brandish steel, Black Metal is unreal“. Für mich ist Black Metal schon lange irreales räudiges Verlangen, atmosphärischer Wahn, nihilistischer Ausbruch, misanthropischer Exzess und Zelebrierung innerer Leere. Black Metal ist peinlich, roh, dreckig, fies. Black Metal war schon immer etwas Punk. Vorbei sind die Zeiten der überproduzierten Finstermänner, der technischen Finesse und der schnellsten Drums. Schmalspurpoeten haben den Bezug dazu verloren. Heute hier und jetzt zählt nur noch die ranzige Grundeinstellung, das Gepolter der alten Tage, der Nihilist tief hinter der Seele und der Wolf im Mann. Ulver haben einst die Hymnen dazu geschrieben, acht an der Zahl, erst Jahre später scheine ich sie halbwegs zu verstehen. Und ich scheine mehr zu verstehen. Das Gefühl schwingt mit, morgens in der Bahn, abends im Supermarkt, zur damals nächsten Generation, zu längst ad acta gelegter Post-Black Metal Ästhetik, wie sie Scheitan auf Nemesis zelebrierten. Damals war das kein Black Metal mehr, heute weiß ich, es ist Black Metal. Böse bis ins Blut, klar in Finsternis und Misanthropie und dennoch erbauend, frei und entspannt. Es ist schwer zu differenzieren, was mir Black Metal heute noch nahe führt: sind es garstig punkige Platten wie „Dark Thrones & Black Flags“ und „Now, Diabolical“ oder monotones Kreischgeknüppel wie auf „Burzum“ oder „Navigator“. Es fällt zudem auch schwer, weil Black Metal heute Kunst ist, es gibt renomierte Photoaustellungen: Nattefrost als Ikone an der Wand, Gaahl und die Einsamkeit, Blut, Kotze, Scheiße, nackte Haut. Wer hört da schon noch zu? Black Metal wird visuelle Kunst: Blendung. Das extreme Klischee, die gelebte Inszenierung. Die Magie allerdings bleibt.

Montag, 4. Mai 2009

Kampf und Revolte

Draußen vor der Tür vor dem Halford, da wo man die fünfzigjährigen Schwaben-Sachsen-Metaller hin ausführt, explodiert die Lage doch tatsächlich in der Friedrichshainer Walpurgisnacht und es fliegen Flaschen und Schlachtrufe. Dann freut sich das Randaletouristenherz und der Puls geht höher, wenn man um durchzukommen durch das Chaos auf sein Wohnrecht pochen muss, weil schließlich will man ja bloß nach Hause (selbstverständlich gelogen, dafür ist noch zu früh, mal will in den Sage Club). Umso enttäuschender dann der erste Mai selbst, gegähnte Langeweile bei hunderten Polizisten in Reih und Glied wartend auf die Explosion. Nichts passiert jedoch, man steht sich die Beine in den Bauch und friert so langsam in der Dunkelheit. Sollten die Nachrichten des nächsten Tages etwa alle erlogen sein? Oder hat man das Spektakel um 30 Minuten und um 150 Meter verpasst und zwar komplett und war der Eindruck im Dreieck Trinkteufel, Oranienplatz und Görlitzer Bahnhof bloß eine Illusion von Friede, Freude, Eierkuchen? Zerdepperte Bushaltestelle, ja gut, aber das war es. Man rafft es später gar nicht mehr so richtig, die Sequenz aus warmen und miserablen Bier, barbusigen Bands und Köfteständen zu einem Ganzen zu vereinen. Besser aber die Krawalle verpassen als die barbusigen Bands. Krawalle gibt es ja inzwischen selbst in Ulm.