Donnerstag, 30. Oktober 2008

Schlachtrufe BRD

„He, ihr Punksäue!“ ist nicht gerade die feine Art, anzufragen, ob man sich an einen Tisch hinzusetzen darf. Aber das ist im Trinkteufel nicht so wichtig. Das einzige, was wichtig ist im Trinkteufel, ist zu trinken. Möglichst viel. Und das übliche Publikum tut genau dieses. Dann fallen einfach Leute um und schlafen auf dem Boden. Und wenn sie nicht umfallen, sehen sie oft so aus, als ob ihnen dieses gleich widerfahren könnte. So auch der Punk, der sich zu uns an den Tisch gesellt. Er erklärt uns so einiges, „Leck mir die Sacknaht und ich piss dir ins Maul“ und immer wieder, nach kurzer Denkpause, „he, ihr Punkfotzen, ihr seid voll Hardcore“. Insbesondere die beiden Schweden am Tisch hat er ins Herz geschlossen. Kurzzeitig kommt uns sogar der Gedanke, er hält uns für eine bekannte Band... Wir fühlen uns sehr geschmeichelt, er mag uns offensichtlich. Er mag uns sogar so sehr, dass er als er bei einer seiner ständigen, leicht spastisch angehauchten, Luftgitarrenaktionen sein Bier spektakulär an uns allen vorbeischüttet. Wir haben auf jedenfalls einen neuen Freund gefunden, der stets mit weisen Sprüchen auftrumpfen kann. „Wenn alle Bullen tot sind, dann können wir wieder rauchen.“ Na man muss doch auch ein Ziel haben!

Samstag, 25. Oktober 2008

Sinnlose Fragen Teil 1

Was macht man, wenn man Fußball spielt, und das Spielfeld halbseitig unendlich ist? Also, wenn das Tor des Gegners gar nicht existiert, selbst wenn man endlos nach vorne stürmt? Mehr als 0:0 ist da nicht drin. Und irgendwann fängt man dann doch eine. Und wenn man schon 0:4 hinten ist? Was macht man dann? Da kann man doch nur noch hoffen, dass es eine Halbzeit gibt und endlich der Seitenwechsel kommt. Was würde Günter Netzer dazu sagen?

Dienstag, 21. Oktober 2008

„Arbeit ist scheiße“

Ist ja auch ein Wahlwerbeslogan der APPD, bzw. er könnte inzwischen auch mit der abgespalteten Pogo-Partei assoziiert werden. Wer weiß dann schon so genau. Aber zu einem gewissen Teil ist diese Aussage auch ein Naturgesetz. Arbeit muss per Definition immer auch ein bisschen scheiße sein. Arbeit ist das notwendige Übel, Arbeit bringt Geld und Geld braucht man. Manch einer mag zwar behaupten, dass Arbeit auch erfüllend und schön sein kann, dass Arbeit gar grundsätzlich Spaß macht und bei wem das nicht immer so sei, der habe falschen Job. Solch ein dekadentes Geschwätz darf getrost ignoriert werden. Es gibt sicherlich nicht viele Menschen, die aus reinem Spaß an der Freude Toiletten reinigen, Müll entsorgen oder gar Software entwickeln. Aber irgendeiner muss das ja machen. Arbeit darf also problemlos zu einem gewissen Maß als ziemlich scheiße erachtet werden.
Die Punks unterm Baum an der Warschauer Straße sind sicherlich generell der Meinung, dass Arbeit scheiße ist. Zumindest habe ich sie in der Zeit von Anfang Mai, als sie das erste Mal Stellung bezogen haben, bis heute kein einziges Mal arbeiten sehen; es sei denn, man bezeichnet konsequenten Kaiserkrone-Wodkakonsum, nur unterbrochen von der einen oder anderen Fischdose und dem gelegentlichen obligatorischen Sternburg, als Arbeit. Eigentlich sollte man sie auch nicht mehr als Punks bezeichnen.... Mehrere Monate auf der Straße transformieren durchaus, insbesondere bei derartigem Lebenswandel. Die letzte Erinnerung an vergangene Tage, der NOFX-Pulli, wurde inzwischen auch schon durch wärmere, doch auch verlumptere, Kleidung ausgetauscht. Metamorphose zum Penner bald abgeschlossen. Und jetzt ist demnächst auch noch Winter, da wird’s ganz hart. Die Frage ist, ob sie dies bereits erkannt haben und dann nach Süden ziehen oder sich weiter nur auf die wärmende Wirkung von Kaiserkrone verlassen. Andere haben den drohenden Winter schon erkannt und dass er unvermeidlich näher kommt: Nur zwanzig Meter vom Kaiserkrone-Rudel entfernt steht gelegentlich ein weiteres Unikat, ein verrentnerter Imker, der dort umetikettierte Marmeladengläser mit Honig verkauft: Heute morgen hat er mich darauf hingewiesen, dass es dieses Jahr das letzte Mal sei. Eigentlich habe er gar nicht mehr kommen wollen, doch das Wetter sei ja so schön. Ich kaufte also schön brav gleich zwei Gläser, denn so jemanden unterstützt man ja gern. Allerdings wies ich ihn auch darauf hin, dass mir das schöne Wetter heute recht wenig nütze, da ich ja gerade auf die Arbeit führe. „Ach, Arbeit“ sprach er, „Arbeit ist schön“.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Reggae vs. Island

Dann läuft man dann noch geprägt vom gefühlten Kulturnirvana einer Videoausstellung, auf der doch allen Ernstes youtube-Videos gespielt und kommentiert wurden, dann noch mal schnell durchs RAW. Nun, schnell ist es nicht, denn wir kommen nicht weit. „Wollt ihr zur Reggaeparty?“ hören wir aus einem Innenhof - „welche Reggaeparty?“ - „die, die ausfällt!“. Ach so. Dann ist ja gut. Doch es gibt mehr Information: „Wir machen hier draußen Alternativparty, eigentlich sollte ich die Visuals machen, das mach ich öfter, ich weiß wie das geht, jetzt mach ich es halt hier draußen im Hof“. Zwei Diaprojektoren und eine Schreibtischlampe sorgen für stimmungsvolle Optik auf dem herbstlich eingeblätterten Kopfsteinpflaster, eine tragbare CD- / Radiokombination der Sorte Tchibo für bassarmen Sound von gelegentlich hängenden gebrannten CDs. Aber das ist egal, der Spruch „Ich kann euch auch noch ein Bierchen verkaufen“ überzeugt meine Begleiterin und mich davon, dass wir durchaus Lust auf die Alternativparty zur nicht stattfindenden Reggaeparty haben. Und wir bereuen es nicht, angeregte Gespräche mit dem Kunstvolk lassen die Kälte vergessen. Die Investoren aus Island seien schuld daran, dass keine Party stattfindet, und auch seien sie schuld daran, dass kein offenes Feuer mehr gemacht werden darf im RAW und sowieso wollen sie das ganze Gelände zu irgendetwas anderem transformieren, ein Einkaufzentrum gar oder, Gott behüte, eine zweite O2 World. Oder ware die Investoren aus Finnland? Hmmm... Nein, Island wohl und das sei ja auch besser so, weil dann hätten sie vielleicht schon ihr ganzes Geld verbrannt auf einer ihrer Banken. Großartig, irgendwas Gutes muss die Finanzkrise ja haben! Wir sind uns einig und stoßen auf die Zukunft an. Möge es zur Abwechslung mal die richtigen treffen. Meine Begleiterin und ich, wir verlieren uns im Tanz, verlieren die Kälte endgültig und verlieren auch die Zeit. Wir verpassen nahezu, wie die Lichtshow abgebaut wird, die Musik langsam aber sicher zu Ende geht. Die einzigen Gäste sind wir schon lange. Zeit unserem Gastgeber zu danken und in die fortgeschrittene Nacht zu verschwinden.

Samstag, 18. Oktober 2008

Endstation

So saß ich doch nun gestern Nacht in der S-Bahn und schlief ein. So weit so gut. Da wacht man ja spätestens an der Endhaltestelle auf, zumindest dann, wenn es nicht die Ringbahn ist. Am Arsch der Welt, an der Endhaltestelle. Wo auch immer die sein mag. Aber nein, es war nicht so. Ich bin doch tatsächlich anderthalb Stunden später in einem Zug Richtung Westen aufgewacht, drei Haltestellen hinter der, an der ich eingestiegen bin. Ein Zeitloch oder ein Realitätsloch, Westen statt Osten. Und dann auch noch dort gelandet, wo ich früher mal gewohnt habe. Habe ich die Endstation durchdrungen und bin in der Zeit zurückgereist? Naja, täusche ich mal Erkenntnis vor: ich glaube nun zu wissen, dass nach der Endstation der ganze Scheiß einfach nochmal rückwärts kommt. Juhu.

Montag, 13. Oktober 2008

Affenkommunikation

In Sachen Kompliziertheit (ja, Kompliziertheit, nicht Komplexität), ist der Mensch unverstellbar zu schlagen. Wir basteln uns mit Basteleifer von Kindergärtnerinnen Konstrukte der zwischenmenschlichen Kommunikation aus verbaler Knetmasse und lyrischem Pappmache, die wenn überhaupt erst nach Jahren des Studiums der menschlichen Macken ansatzweise entwirrt werden können. Einzelne Wörter müssen dann wie Gedichte interpretiert, analysiert und entpoetisiert werden. Ganze Absätze eloquenter, gefühlsvoller und bedeutungsschwangerer Reden, müssen gekonnt ignoriert und vergessen werden. Allgemein gewinnt im Kommunkationskampf der, der schneller und effizienter und - ganz wichtig - selektiver verdrängt und vergisst. Nicht einfacher macht es, dass ganze Horden der Kommukationsteilnehmer, man verzeihe die Wortwahl, vollkommene Idioten sind. So sind wir hier also in einem Netzwerk aus Andeutungen, Missverständnissen, Schwafeleien und bescheuertem Geschwätz gefangen und müssen täglich unseren Weg durch dieses Elend bahnen. Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, von einer auf die andere Sekunde zu einem Affen zu mutieren, durch die Konversationsrunde zu springen und laut "iek ugh iek ugh" zu schreien. Und dabei mit den langen Affenarmen durch die Luft fuchteln. Kommunaktionskollaps trifft
Kommunikationskoller. Vielleicht ist der ganze Wahnsinn ja nur durch Affengeschrei zu ertragen. Doch beleuchten wir die Facetten doch noch mal von der anderen Seite, seien wir doch mal ehrlich. Wie würde man darauf reagieren wenn man "verpiss dich" statt "ich weiß nicht genau, aber irgendwie fehlt mir in dieser momentanen Phase meines Lebens etwas Freiheit, nein nicht die Freiheit, die du meinst... ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber ich
fühle mich emotional unausgeglichen" sagen würde. Es mag der Wahrheit entsprechen ist aber nicht nett. Oder man sagt gar statt "interessierst du dich für Malerei?" gleich "willst du mit mir
ficken?", weil es der eigentlichen Intention entspricht (selbst wenn einen Malerei interessiert)? Pfui, pfui möchte da manch einer sagen, das entspricht nicht den Regeln der Gesellschaft, wo kämen wir denn da hin. Da gäbe es ja keine Missverständnisse mehr. Ja wo kämen wir
denn da hin?